Mittwoch, 5. November 2008

Abschied der USA von Old-Europe

Die Naivität, die zur Zeit in Bezug auf Obama durch die deutsche Presse tobt, spottet jeder Beschreibung, ebenso überbieten die Wunschzettel gut- und bestmenschlicher Politik, die man dem neuen Messias medial angedeihen lässt, an Unbedarftheit alle vorstellbaren Erwartungen, wie sie Kinder bald an Santa Claus richten werden. Obama ist mit seiner Wahl eine Sensation gelungen, die ihn als außerordentlich begabten und fähigen Politiker ausweist. Dass er diese Fähigkeiten nun einsetzen würde, um die in Europa weitverbreiteten Träume von einer solidarischen Weltgemeinschaft in die Tat umzusetzen, ist genauso wenig zu erwarten, wie dass er amerikanische Interessen der internationalistischen Gefühlsduselei, wie sie etwa in Deutschland Mainstream ist, aufopfern würde. Dächte er auch nur daran, wäre er nicht der Mann, dem der wahrhaft geniale Coup gelang, in seinem Land den Rassismus zu überwinden und vielen anderen Ländern der Welt einen ziemlich hässlichen Spiegel vorzuhalten, der erkennen lässt, wie man es dort mit dem Rassismus hält. Liebe Europäer, dass war es dann aber auch. Denn in den Jubel über die Wahl eines Schwarzen zum Präsidenten der mächtigsten und reichsten Nation der Welt geht vollkommen unter, dass nunmehr auch eine ganz andere Ära zu Ende geht, schon lange vorausgesagt, die Dominierung der amerikanischen Gesellschaft durch ihr europäisches Erbe. Seit Ende des kalten Krieges war es nicht Busch, sondern es waren die USA, die ihr Interesse von Europa abgewandt und dem Pazifik und Asien und vermehrt auch Afrika zugewandt haben. Obama ist der erste Präsident, für den europäische Kultur und Herkommen sich nicht mehr aus der Identität der eigenen Ahnen- und Familiengeschichte herleitet. Er ist der Repräsentant des neuen Amerikas, das sich als Schmelztiegel immer mehr seiner europäischen Wurzeln entfernt. Obama wuchs in Indonesien auf, also in Asien, dann in Hawaii, also dem asiatischsten Teil der USA, seine Ahnen sind nicht mehr ausschließlich weiße europäisch-stämmige Christen, sondern ebenso schwarze afrikanische Moslems. Er repräsentiert damit ein für das moderne Amerika typisches Gemisch, aber ein Gemisch dessen Besonderheit in der Zurückdrängung der europäischen Vorherrschaft besteht. Bekannt ist die Metapher vom von Atlantik (Europa) abgewandten und dem Pazifik (Asien) zugewandten Blick der USA, das wird nun auch präsidiale Konsequenzen haben. Bush, Cheney und Rumsfield haben zwar Old-Europe verlacht, aber sie haben nie verleugnet, deren Kultur zu entstammen. Das wird jetzt sicherlich anders und weitaus geschäftsmäßiger. Europa wird für die Amerikaner zu einer Region wie jede andere vorwiegend mittelmäßiger Volkswirtschaften. Aus dem Schmelztiegel wird jetzt Ernst und Europa wird seine Privilegien aus der Sicht der Amerikaner ganz von alleine verlieren.